Innovationsideenideen

„Innovativ zu sein, bedeutet eben weit mehr, als nur einmal eine innovative Idee zu haben, die auch Erfolg hat. Innovativ ist man immer nur temporär. Wenn viele Innovationen in einem nahen zeitlichen Zusammenhang stehen, dann wirkt das Unternehmen durchgängig innovativ – auch wenn es eigentlich „nur“ immer wieder innovativ ist. Das ist ein Problem innovativer Unternehmen.“

 

Aus der Mitte entspringt ein Gedankenfluss

„Lieber Markus, wir bereiten gerade die Inserate für unser Forum vor und hätten gerne ein Studiofoto von dir in Farbe. Könntest du uns bitte eines zukommen lassen?“ So ähnlich lautete die Bitte von Melanie diese Woche an mich. In der Regel habe ich nur Studio-Schwarzweiß-Fotos. Aber ich machte mich auf die Suche in meinem Fundus digitaler und analoger Art. In einem Sideboard stehen einige Fotoalben und Tüten, voll mit Bildern. Ich grub und suchte … und ich wurde fündig. Ich fand ein Studio-Farbfoto von mir – aus dem Jahr 1988. Für das fragenauslösende Veranstaltungsinserat sicher möglich – es hätte dann eben nur sehr wenig mit meinem heutigen Aussehen zu tun, so an die 30 Jahre später…

Aber das Bild führte mich, auf einem Stuhl vor meinem Sideboard sitzend, auf einen Gedankenweg. Es war kein neuer Weg. Platon war ihn schon vor einigen Jahren, oder sagen wir eher vor Jahrtausenden gegangen. Und ich folgte ihm heute. Spontan.

 

Bin das ich oder was?

Ich betrachtete mich so und dachte bei mir: Bin das ich? Oder: War das ich? Oder geht auch Beides? Nun geht natürlich Beides, aber die beiden Varianten zu unterscheiden macht schon auch Sinn. Denn der von 1988 bin ich heute definitiv nicht mehr. Aber trotzdem bin ich das natürlich auch noch. Was stimmt also mehr? Und ist das überhaupt wichtig? Ich saß auf meinen Stuhl, lehnte mich zurück und war plötzlich dankbar für die Frage nach dem Farbfoto. Es ist für mich immer wieder faszinierend, philosophische Fragen einfach zu durchdenken – immer in dem Bewusstsein, dass es dafür keine eindeutigen Antworten gibt. Das ist auch gut so! Einfache eindeutige Antworten haben immer auch etwas Langweiliges an sich. Also: War ich das oder bin ich das?

Hatte nicht Nietzsche schon vor 130 Jahren eine ähnliche Feststellung getroffen? Ja! Hat er! Friedrich Nietzsche benannte das in seinem Werk Menschliches Allzumenschliches den Erbfehler der Philosophen: „Alle Philosophen haben den gemeinsamen Fehler an sich, dass sie vom gegenwärtigen Menschen ausgehen und durch eine Analyse desselben an’s Ziel zu kommen meinen. Unwillkürlich schwebt ihnen „der Mensch“ als eine aeterna veritas, als ein Gleichbleibendes in allem Strudel, als ein sicheres Maass der Dinge vor.“ Natürlich geht Nietzsche hier vom Menschen an sich aus. Also von der Menschheit. Es trifft aber auch auf den einzelnen Menschen zu. Und: Es trifft sogar auf Unternehmen zu!

 

Ist das unser Unternehmen? – Ein Idee- und Innovationsproblem

Unternehmen berufen sich gerne auf ihre Traditionen! Das ist legitim, gut so und auch zu befürworten. Wenn das Unternehmen nun sehr innovativ und erfolgreich war und vielleicht gerade auch noch ist, dann ist dieses „Das sind wir-Gefühl“ noch weitaus mehr ausgeprägt. Das Problem dabei ist nur: Dieses „Das sind wir“ kann sehr schnell zu einem „Das waren wir“ werden, ohne dass dabei erkannt wird, an welcher Stelle das nun eigentlich vom „sind“ zum „waren“ gekippt ist. Das muss nicht zwingend bedeuten, dass das Unternehmen dann vom Markt gänzlich verschwindet. Aber es kann bedeuten, dass es überholt und zurückgelassen wird.

Innovativ zu sein bedeutet eben weit mehr, als nur einmal eine innovative Idee zu haben, die auch Erfolg hat. Innovativ ist man immer nur temporär. Wenn viele Innovationen in einem nahen zeitlichen Zusammenhang stehen, dann wirkt das Unternehmen durchgängig innovativ – auch wenn es eigentlich „nur“ immer wieder innovativ ist. Innovationen sind vergänglich: Das ist ein Problem innovativer Unternehmen. Und das verhält sich mit Wissen nicht anders: Ein Unternehmen, welches gegenwärtig die Speerspitze des aktuellen Branchenwissens darstellt, kann sehr schnell ein Unternehmen sein, welchem der Speer samt Spitze abhanden gekommen ist – und das auch noch ohne es zu merken.

 

Platon´s Idee von einem Tisch 

Auf meinem Stuhl sitzend musste ich plötzlich an meine Studienzeit zurückdenken: An Dr. Grummes und sein Platon-Seminar. Platon hat etwas Wesentliches erkannt, was für uns alle noch immer von großer Bedeutung ist: Die Idee. Und es geht hier nicht um die Idee, aus der dann eine Innovation werden soll!

Das vielzitierte Tisch-Beispiel bringt das sehr schön auf den Punkt. Diesen Blogartikel schreibe ich heute Abend an einem Tisch im ICE nach Berlin sitzend. Der Tisch hat ein Platte, ein Tischbein und der Tisch ist an der Wand des Zuges befestigt, so dass er stabil ist. Es gibt aber auch noch andere Tische: kleine, große, hohe, niedrige, mit zwei, drei, vier oder noch mehr Beinen oder auch ganz ohne Bein, weil irgendwo anders befestigt … aber das alles sind Tische.

Und dann kann es sein, dass Sie über einen flachen Stein in der wilden Natur eine Tischdecke legen und behaupten, das sei nun Ihr Tisch – und Sie haben Recht. Auch das wäre ein Tisch. Oder Sie verwenden die Motorhaube Ihres Autos als Tisch. Auch ein Tisch, richtig. Was also soll nun ein Tisch genau sein? Und dieses hinter dem Tisch als solchen Dahinterstehende nennt Platon nun die „Idee“. Es handelt sich dabei um ein gemeinsames Verständnis von etwas – zum Beispiel von einem Tisch.

 

Die Idee des Unternehmens

Und hier sind wir nun bei zwei wesentlichen Dingen angelangt, die ein Unternehmen zentral betreffen. Zum einen hat sich jedes Unternehmen die Frage zu stellen, welche Idee im Platon´schen Sinne hinter ihm steht. Gibt es da überhaupt eine Idee? Oder ist die einzige Idee hinter dem Unternehmen Geld zu verdienen? Und wenn es diese Idee hinter dem Unternehmen gibt: Haben die am Unternehmen Beteiligten ein gemeinsames Verständnis von dieser Idee? Also: Wissen alle MitarbeiterInnen, Kunden, Lieferanten, Shareholder über diese Idee Bescheid und kennen sie die Möglich- und Notwendigkeiten ihrer Beteiligung an der Verwirklichung dieser Idee?

Auf diese Art kann eine tiefgreifende Unternehmenskultur, die auf sicheren Beinen steht, geschaffen werden! Ohne diese Idee ist ein Unternehmen immer davon bedroht in der Beliebigkeit aufzugehen.

Die zweite Sache ist direkt verbunden mit der Unternehmenskultur: Wir sind wieder bei der Innovation! Innovationen betreffen immer etwas Neues! Aber das Neue braucht eine Richtung, ansonsten sind wir in ähnlich absurden Settings, wie Loriot sie uns aufgezeigt hat: jenes Rüstungsunternehmen, welches zur Winterszeit keine Panzer, sondern Marzipankartoffeln herstellt. Das ist lustig, aber absurd.

Das heißt: Die platon´sche Idee eines Unternehmens kanalisiert – und sie inspiriert. So können Unternehmen sinnvoll agieren, ohne dabei am vierbeinigen Holztisch kleben zu bleiben. Wir brauchen also Ideen-Ideen. Machen Sie sich auf die Suche nach Ihrer Idee! Eine klare Botschaft! Ich freue mich!

Ich melde mich also wieder bei Melanie und sie fragt mich: „Und, war deine Suche erfolgreich?“ Und ich antworte: „Ja, das war sie! Aber ein Bild habe ich leider nicht gefunden.“

 

 

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